7% MwSt. MUSS BLEIBEN

Gastronomen gegen die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Speisen ab 2024

KEMAL ÜRES – Der Gastroflüsterer

Der bekannte Gastroflüsterer Kemal Üres mit Unterstützung des DEHOGA

Die 7 muss bleiben – so lautet die Forderung einer Petition, die der bekannte Gastroflüsterer Kemal Üres mit Unterstützung des DEHOGA, dem Verband der deutschen Gaststätten und Hotels, ins Leben gerufen hat. Ab dem 15. Oktober 2023 will die Initiative mit Aktionen für die Vielfalt und gegen die geplante Mehrwertsteuererhöhung auf die alten 19 Prozent auf Speisen auf die Lage der Gastro-Branche in Deutschland aufmerksam machen. Doch worum geht es eigentlich, und wie sehen Gastronomen und Gastronominnen der Region die Lage? Ich habe nachgefragt, und zwei Gastronomen, eine Gastronomin und ein Bundestagsabgeordneter haben geantwortet: Uwe Grauer von der Grauergastro in Reutlingen, Tim Wetzel vom Schwanen in Metzingen, Anja Bischoff vom Familienunternehmen Bischoffs in Bad Urach sowie Michael Donth, CDU Abgeordneter im Bundestag reden Klartext. 

Und ich habe mit dem Initiator der Kampagne gesprochen. Kemal Üres erklärt, was ihn dazu bewegt hat, welche Unterstützung sie von den Gastronomen bekommt und welche konkreten Aktionen geplant sind. 

Kemal Üres ist selbst Gastronom und weiß daher genau, worum es gerade geht, dass es existenziell ist, wenn die 19 Prozent kommen. Dem bekannten Influencer war schnell klar, dass er seine Reichweite nutzen möchte, um mit einer Stimme für alle Gastronomen zu sprechen. Er sieht 15.000 Betriebe in Gefahr, die das ab dem 1.1. nicht mehr schaffen werden. 

Konkret hat Kemal Üres schon Tausende Plakate gedruckt und den Gastronomen kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch T-Shirts mit den Slogans wurden zum Einkaufspreis verschickt, die sehr gut angenommen wurden. 


Kemal Üres: „Ich habe circa 5 bis 8 Millionen Views gehabt mit sieben bis acht Videos, die ich gedreht habe, auch in Zusammenarbeit mit der DEHOGA, ich glaube, wir wurden knapp 3000 Mal in anderen Stories geteilt, also hochgeladen in eigenen Stories. Das hat schon eine Riesenwelle gemacht Das Problem sind nicht nur die Gastronomen, die das sehen sollen. Wir müssen viel mehr den Druck über die Gäste aufbauen. Wir brauchen die Massen, damit noch mehr Druck entsteht bei den Politikern.“

Zilli Dzaferi: „Könntest du einige der konkreten Schritte und Strategien erläutern, die die Initiative plant, um die Entscheidung des Bundestags und Bundesrats im Dezember positiv zu beeinflussen und die Mehrwertsteuer auf Speisen bei 7 Prozent zu halten? Wie können Menschen, die deine Initiative unterstützen möchten, aktiv werden und einen Beitrag leisten?“

Kemal Üres: „Wir haben plakativ die Slogans „Wir wollen die Vielfalt“ oder „19 Prozent ist uns zu hoch“, „Rettet die 7 Prozent“. Damit wollen wir ganz klar sagen, Richtung Gäste, dass die Kreativität verlorengeht, dass die Straßen nicht mehr so lebendig werden, dass die Innenstädte nicht mehr so lebendig sind. Wir haben es in Corona gesehen, wie viel Soziales, wie viel Leben wegbricht, wenn die Gastronomen nicht mehr da sind. Deswegen müssen wir ganz klar die Gäste ansprechen.“

Damit Gäste auf die Auswirkungen von 19 Prozent aufmerksam werden, sollen und wollen die Gastronomen ihre Logos mit 19 Prozent überkleben, die Speisekarten so gestalten, dass Menschen sehen, welche Preise ab Januar auf sie warten, oder, was es dann zu den alten Preisen noch geben wird. Die Aufdrucke sollen auf der Website 7mussbleiben.de zum Download bereitstehen, so dass die Gastronomen nicht viel Arbeit damit haben, müssen auf kein Paket warten. 

„Wir wollen die Zukunft in die Gegenwart holen, zeigen, was ab 1.1. mit den Preisen passiert. So merken die Gäste, dass sie nur noch einmal die Woche Essen gehen können. Wir wollen aber auch auf die Straße gehen. Wir wollen in Berlin laufen, wir haben geplant, einen Tag die gesamte Gastro in Deutschland zuzumachen. Die Gastronomen haben wir schon. Darum geht es nicht, wir brauchen die Gäste.“ Die Kampagne geht über einen extra gegründeten Verein „Rettet die Vielfalt e.V.“. „Wir brauchen Sponsorengelder, die Kampagne kostet eine Viertelmillion und da brauchen wir die Industrie. Da bin ich jetzt dran, damit wir mit diesem Geld, die Aktionen flächendeckend in Deutschland so platzieren können, dass wir das Ergebnis erzielen, um Gästen es klarzumachen: Leute, in acht Wochen sieht Essen Gehen anders aus.“ 

Die Gastronomie hat schwere Jahre hinter sich. Während der Pandemie blieben die Restaurants, Hotels und Cafés geschlossen, die Umsätze lagen bei Null. Um die Auswirkungen abzufedern und die Gastronomen und Gastronominnen zu unterstützen, wurde die Mehrwertsteuer auf Speisen auf 7 Prozent gesenkt. Seit der Wiederöffnung der Betriebe hat sich die Gastro-Branche noch nicht erholt, und neue Plagen beutelten die Branche. Die Inflation und die enorm gestiegenen Energiepreise machten und machen den Gaststätten und Hotels das Leben schwer. Noch immer kämpfen die Betriebe, die schon wegen der Covid-19-Pandemie ihre Pforten schließen mussten, um ihr Überleben. 

Nun läuft die pandemiebedingte zeitweise Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen zum 31. Dezember aus. Im Dezember entscheiden Bundestag und Bundesrat darüber, ob die 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen nicht doch noch weiter beibehalten wird. Die Zeichen stehen auf 19 Prozent, aber droht dadurch nun die nächste Pleitewelle? 

Bundeskanzler Olaf Scholz versprach in einem Interview: „…ich habe der Verlängerungsentscheidung zugestimmt – unter dem sicheren Bewusstsein, das schaffen wir nie wieder ab“. Gastronomen, Gastronominnen und auch der Deutsche Gaststätten- und Hotelverband DEHOGA befürchten genau das Gegenteil, da Olaf Scholz in einer Abstimmung im Bundestag für die Erhöhung gestimmt haben soll. Mit der Aktion und Petition #7mussbleiben, wollen die Gastrobetreiber nicht nur ein Zeichen setzen, sondern auf die miserable Lage der Gastronomie bundesweit aufmerksam machen. Gerade kleine Betriebe werden die Belastungen durch die Rückkehr zu 19 Prozent nicht mehr stemmen können. 

Mit einer einfachen Weitergabe der 12 Prozent an die Kunden… ist es nicht getan. So sehen das auch Restaurant-Besitzer aus Bad Urach, Metzingen und Reutlingen. Zwar werden treue Kunden dies zahlen, aber dafür eben seltener Essen gehen, sagt Anja Bischoff. Geholfen ist damit keinem, nicht dem Gastro-Betrieb, und auch nicht den durchaus gern kommenden Gästen. Damit diese Gäste auch in Zukunft nicht fernbleiben und sich an der regionalen Vielfalt der Speisen erfreuen können, plant Grauergastro vermehrte Aktionen und besondere Angebote, wie Uwe Grauer berichtet. Exzellente Kalkulation und Öffentlichkeitsarbeit allein aber wird nicht ausreichen, wie Tim Wetzel vom Schwanen sich zur Reaktion der Gastro auf die zu erwartende Anhebung äußert. Die Betriebe tun dies schon seit Jahren, und nun ist es Zeit, sich der Petition und den Aktionen von #7mussbleiben anzuschließen. Für eine starke Gastronomie, für zufriedene Gäste und eine gesunde Wirtschaft. 

Ich habe Uwe Grauer, Anja Bischoff und Tim Wetzel konkrete Fragen gestellt und auch Michael Donth um seine Sicht der Dinge gebeten, wie sie auf die Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent auf Speisen reagieren wollen, und wie sie die zukünftige Lage ihrer Lokale einschätzen. 

Fotocredit: Nadine Willmanns

UWE GRAUER von Grauer Gastro in Reutlingen

Zilli Dzaferi: „Wie denkst du, dass die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent sich auf dein Gastronomieunternehmen in Reutlingen auswirken wird, und welche Maßnahmen planst du, um damit umzugehen?“

Uwe Grauer: „Diese Erhöhung wird zweifellos Auswirkungen auf unser Unternehmen haben, da sie zu höheren Kosten für Lebensmittel und Dienstleistungen führen wird. Infolgedessen könnten wir gezwungen sein, unsere Preise anzupassen, um wirtschaftlich arbeiten zu können.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, planen wir, unsere betrieblichen Abläufe zu optimieren, möglicherweise vermehrt auf Aktionen zurückzugreifen und unser Marketing zu verbessern, um unsere Kundenbindung zu stärken und neue Gäste anzuziehen.

Wir werden die finanziellen Auswirkungen genau analysieren und erwägen, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, um die bestmöglichen Entscheidungen für unser Unternehmen und unsere Kunden zu treffen.“

Zilli Dzaferi: “Welche besonderen Angebote oder Anreize planst du, um Kunden trotz der Mehrwertsteuererhöhung in Reutlingen zu halten oder anzulocken?”

Uwe Grauer: „Um Kunden trotz der Mehrwertsteuererhöhung in Reutlingen zu halten und anzulocken, planen wir die folgenden besonderen Angebote und Anreize:

* Neue Aktionskarte: Wir haben bereits eine neue Aktionskarte einführt, die saisonale Spezialitäten und preislich attraktive Optionen bietet. Dadurch können unsere Gäste weiterhin qualitativ hochwertige Gerichte zu erschwinglichen Preisen genießen.

* Biosphären Tagesessen: Wir werden ein spezielles „Biosphären Tagesessen“ einführen, das lokale und nachhaltige Zutaten betont. Dies ermöglicht es unseren Kunden, nicht nur köstliche Gerichte zu genießen, sondern auch einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.

* Happy Hour-Angebote: Wir werden erweiterte Happy Hour-Angebote einführen, um unsere Gäste während bestimmter Zeiten des Tages mit vergünstigten Getränken und Snacks anzulocken.

* Events und Aktivitäten: Um das Gesamterlebnis in unserem Restaurant zu steigern, planen wir die Durchführung von Live-Musikabenden, Themenpartys oder kulinarischen Workshops.

* Soziale Medien und Online-Präsenz: Wir werden unsere Präsenz auf sozialen Medien verstärken und Online-Werbung nutzen, um unsere Angebote und Aktionen bekannt zu machen und neue Kunden anzulocken.

* Gäste-Feedback: Wir werden aktiv auf das Feedback unserer Gäste hören und Anpassungen vornehmen, um sicherzustellen, dass ihre Erwartungen erfüllt werden und wir ihre Bedürfnisse verstehen.

Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, unsere Kundenbindung zu stärken und neue Gäste in unser Restaurant in Reutlingen zu locken, trotz der Herausforderungen durch die Mehrwertsteuererhöhung.
Wir schätzen das Verständnis und die Unterstützung unserer geschätzten Gäste in dieser Zeit des Wandels und bleiben bestrebt, weiterhin qualitativ hochwertige Gastronomieerlebnisse in Reutlingen zu bieten.

Fotocredit: Jens Staudt

ANJA BISCHOFF von Hotel Bischoffs in Bad Urach

Zilli Dzaferi: “Wie erwartest du, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer sich auf die Nachfrage nach deinen gastronomischen Dienstleistungen in Bad Urach auswirken wird?”

Anja Bischoff: „Die Gäste sind generell bereit die Mehrkosten zu tragen, werden aber in Zukunft anstatt wir früher bei 7% 3x im Monat mit 19%Mwst nur noch 1x im Monat kommen.“

Zilli Dzaferi: “Welche Schritte unternimmst du, um die Kosten in deinem Gastronomiebetrieb zu optimieren und gleichzeitig die Qualität deiner Dienstleistungen in Bad Urach aufrechtzuerhalten?”

Anja Bischoff: „Einsparungen sind so nicht möglich. Ich kann weder schlechtere Löhne bezahlen noch an der Qualität Abstriche machen. Die Qualität MUSS stabil bleiben.Die Konsequenz/ Die Schritte in unserem Betrieb ist somit die Weitergabe der FAIR! angepassten Mehrkosten.“ 

Zilli Dzaferi: Kannst du uns Beispiele für mögliche Preisanpassungen oder Veränderungen in deiner Speisekarte aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung nennen?”

Anja Bischoff: Die Preisanpassung in unserem Betrieb wird 1:1 weitergegeben.
Beispiel: Der Rostbraten wird in Zukunft anstatt 28€ 31,50€ kosten. Dies entspricht der Differenz von 12% von 7 auf 19% Mwst.

Fotocredit: Melanie Schneider

TIM WETZEL von Hotel Restaurant Schwanen in Metzingen

Zilli Dzaferi: “Welche speziellen Herausforderungen oder Chancen siehst du in Bezug auf die Mehrwertsteuererhöhung in deiner Branche in Metzingen, und wie beabsichtigst du, diese anzugehen?”

Tim Wetzel: „Durch stark gestiegenen Kosten (Inflation, Gehälter, etc.) sind die aktuellen 7% absolut notwendig, um überhaupt wirtschaftlich zu arbeiten. Sollte die MwSt. sich um 12% erhöhen, sind wir – wie die meisten Gastronomen in Deutschland, sofern ordentlich kalkuliert wird – diese 12% auf unsere Preise aufschlagen müssen. Umso mehr ist es eine wahre Frechheit, dass unser Bundeskanzler das Versprechen der Entfristung der MwSt. und damit der Beibehaltung der 7% nun gebrochen hat und die endgültige Entscheidung über die MwSt., die ab Januar gilt, erst im Dezember fallen soll. Diese Vorgehensweise seitens unserer Regierung halte ich für eine Ohrfeige an die Gastronomie in Deutschland. Mit welcher Mehrwertsteuer sollen wir Angebote für das Jahr 2024 nun abgeben? 19%, um auf Nummer sicher zu gehen?“

Zilli Dzaferi: “Gibt es bewährte Strategien oder Ratschläge, die du mit anderen Gastronomen in Metzingen teilen würdest, um erfolgreich mit der Mehrwertsteuererhöhung umzugehen?

Tim Wetzel: „Obwohl ich sicher bin, dass unsere regionalen Gastronomen bereits sehr professionell arbeiten, ist es von größter Wichtigkeit, alle verkauften Produkte ordentlich zu kalkulieren und an notwendige Deckungsbeiträge zu denken, und nicht nur die Umsätze zu sehen. Und ich appelliere an alle Kollegen, die vom DEHOGA Deutschland organisierte Petition zum Beibehalt der Mehrwertsteuer auf 7% zu unterschreiben und auch ihre Familien und Mitarbeiter als auch ihre Gäste bitten, die Gastronomie zu unterstützen.“

Fotocredit: „CDU/CSU-Bundestagsfraktion/Michael Wittig“

MICHAEL DONTH Bundestagsabgeordneter CDU/CSU

Es muss bei 7% bleiben!

Während der Corona-Zeit hat die Große Koalition von CDU/CSU und SPD die Umsatzsteuer für Speisen im Lokal von 19 auf 7 Prozent reduziert, also auf den gleichen Satz wie Speisen zum Mitnehmen. Seit Monaten kämpfe ich zusammen mit meinen Kolleginnen der Arbeitsgruppe Tourismus der CDU/CSU und unserer ganzen Fraktion im Deutschen Bundestag, dass das so bleibt. In Zeiten von Inflation, Arbeitskräftemangel, erhöhten Energie- und Rohstoffpreisen ist das für die Branche überlebenswichtig.

Dennoch weigert sich die Ampel beharrlich, diese Steuersenkung zu entfristen. Die Ausrede, dass das nicht finanzierbar sei, lasse ich nicht gelten: Schließlich fehlt dieses Steuergeld seit drei Jahren im Haushalt und die Mehrwertsteuereinnahmen sind seither immens gestiegen. Und ob es mehr Geld gäbe, bezweifle ich stark, denn ein Gastronom, der schließen muss, zahlt gar keine Steuern!

Das Essen im Lokal wird zum 1.1.2024 nicht nur um 12 Prozentpunkte teurer, denn die Gastronomen können die kräftige Steuererhöhung nicht abfedern und müssen sie an ihre Gäste weitergeben und kämpfen zudem mit weiteren Kostensteigerungen bei Löhnen, Lebensmitteln, Energie oder auch durch die Lkw-Maut-Verdoppelung. Auch das führt zu Preiserhöhungen. Dadurch werden noch weniger Menschen essen gehen, die jetzt schon durch die Inflation häufig darauf verzichten.

Sollte die Umsatzsteuererhöhung zum Jahresende kommen, werden Betriebsaufgaben und Insolvenzen die Folge sein. Das wäre verheerend: Dass die Gastronomie nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, sondern auch kulturell und touristisch wichtig ist, steht für mich außer Frage. Deshalb: es muss bei 7% bleiben!